Borussias Leistungsträger über (zu) viel Lob und das Karriereende
Emsdetten · Freitag, 03.01.2025 - 17:00 Uhr
Julius „Jule“ Hölscher (31, am Ball) geht bei Westfalenligist Borussia Emsdetten mit viel Kampfgeist und Erfahrung vorne weg. | Foto: Thomas Strack
Ein halbes Jahr bei Borussia ist rum. Wie gefällt’s dir?
Julius Hölscher (31): Vor der Saison wusste ich nicht genau, was auf mich zukommt, mein Heimatverein ist ja Fortuna. Mir gefällt es bei Borussia aber sehr gut, alle haben mich gut aufgenommen. Mit der Mannschaft bin ich auch sehr zufrieden. Da wusste man nach dem Umbruch auch nicht genau, wie es laufen würde. Viele Spieler, die ich kannte, haben im Sommer aufgehört, wie Mo Uphoff, Kevin Torka und Tom Holöchter.
Entspricht der aktuelle Tabellenplatz 8 eurem Leistungsvermögen?
Ich denke schon. Wir könnten aber durchaus noch weiter oben stehen. Hinten raus ist uns etwas die Puste ausgegangen, das war ärgerlich. Andererseits hatten wir davor in der Hinrunde bei einigen engen Kisten auch etwas Glück. Die Ausgangslage, mit neun Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze in die Rückrunde zu gehen, ist aber nicht die schlechteste. Und darauf sollte nach der Vorsaison das Hauptaugenmerk liegen.
Wo siehst du Luft nach oben?
Im Offensivspiel. Wenn vorne Silas Burke (5 Saisontore; d. Red.) oder im Mittelfeld ein Kai Deradjat mal fehlen, kriegen wir Probleme. Da bräuchten wir mehr Alternativen. Defensiv stehen wir gut. Ich kann mich jedenfalls an keine Partie erinnern, in der wir hergespielt wurden oder viele Tore kassiert haben.
Ich behaupte mal, du spulst von allen Borussen die meisten Laufkilometer ab, so wie du die rechte Bahn von oben bis unten beackerst.
Die meisten? Weiß ich nicht. An Henne Laumann kommt man schwer dran. Aber meine Position bringt es mit sich, dass man rauf und runter rennt. Sonst käme auch gleich vom Rand ein Kommentar von Roland. Auf jeden Fall ist meine Position laufintensiver als etwa die von Innenverteidiger Hendrik Ohde. Wobei er ja gerne nach vorne ausbricht, da muss man ihn schon mal bremsen.
Siehst du dich auf rechts eigentlich eher als defensiver oder als offensiver Mann? Ihr tauscht ja oft die Positionen.
Ich sehe mich eher offensiv orientiert. Bei Eintracht Rheine hatte ich es auch schon hinten rechts probiert. Aber jetzt ist es die erste Saison, in der es mir da auch gefällt und es gut funktioniert. Das liegt wohl auch daran, dass es mit den anderen in der Kette – Hendrik Ohde, Linus Schnieders und Vincent Schulte – gut harmoniert.
Trainer Westers lobt oft in höchsten Tönen deine spielerischen und menschlichen Qualitäten. Erkennst du dich in seinen Worten wieder oder denkst du manchmal: Mach mal langsam, Junge?
(lacht) Bisschen weniger wäre auch gut. Ich kann mit so etwas nicht gut umgehen. Meine Frau sagt immer, ich soll es mal zulassen, wenn mich jemand lobt. Aber klar, positive Worte zu hören ist besser als ständige Kritik. Ich versuche einfach, mich nicht zu verstellen. Schön, wenn es gut ankommt. Wenn nicht, hab ich damit auch kein Problem.
Warst du überrascht, als Westers während der Hinrunde seinen Abschied am Saisonende angekündigt hat?
Doch, ja. Ich finde seine Gründe aber komplett nachvollziehbar. Schon bei den Gesprächen vor meinem Wechsel hat man gemerkt, wie sehr die letzte Saison an ihm gezerrt hat. Man findet selten jemanden, der so in seinem Verein verwurzelt ist wie er.
Einer von Westers’ Gründen ist, dass Niederlagen „seiner“ Borussia ihn zu sehr mitnehmen. Wie gehst du mit Pleiten um?
Früher war es schlimmer, da konnte man zwei Tage nicht gut mit mir reden. Heute kann ich es besser kanalisieren, auch wegen meiner sieben Monate alten Tochter, die mich nach Spielen direkt ablenkt und fordert. Da kann ich nicht nur mit schlechter Laune rumlaufen. Aber natürlich sind Niederlagen immer scheiße. Zum Glück hatten wir in dieser Saison bislang nicht viele.
Welchen Eindruck hast du vom künftigen Borussen-Coach Marc Wiethölter?
Einen positiven. Ich kenne ihn etwas von Testspielen und ersten Gesprächen. Man hört auch nur Gutes über Marc. Ein cooler Typ. Er wird, wie bei Trainer-Wechseln üblich, auch neue Impulse mitbringen.
Fast alle Leistungsträger, darunter viele junge Wilde, haben für die nächste Saison zugesagt. Wächst da womöglich ein Aufstiegskandidat heran?
Mit solchen Aussagen sollte man vorsichtig sein. Es gab Jahre mit Eintracht Rheine, in denen wollten wir oben mitspielen und steckten dann unten drin. Man weiß auch nie, welche Mannschaften von oben runterkommen, wie stark die Liga ist. Es ist viel zu früh, dazu jetzt etwas zu sagen. Vielleicht Anfang der nächsten Saison.
Wie lange willst du noch spielen?
Lust hätte ich auf zwei weitere Jahre. Aber ich hatte Bänderrisse, einen Knorpelschaden, Sprunggelenksprobleme rechts und links. Wichtig ist mir, auch nach dem Fußball noch mit meiner Tochter durch den Garten rennen zu können. Es könnte also sein, dass die nächste Saison meine letzte ist. Meine Frau wird das gerne lesen. Ich lasse mir aber ein Hintertürchen offen.